Glück ist ein großes Wort und es bedeutet für jeden Menschen etwas anderes. Glück zu haben, glücklich zu sein, das kann je nach Alter und Lebenssituation etwas anderes sein. Ich widme mich in diesem Artikel einem kleinen Teilausschnitt des Glücks, dem Glück an kleinen Dingen, die aber Großes bewirken können.
Denn:
>>Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während sie auf das Große vergebens warten.<<
Pearl S. Buck (1892-1973), Schriftstellerin
Ein kurzer Überblick, um was es in diesem Artikel geht:
Eine kurze Definition von Glück
Im Alltag verlieren wir oft unseren roten Faden, die innere Mitte. Das Leben überrollt uns mit all seinen Herausforderungen und manchmal vergisst man darüber vielleicht auch, was es heißt, glücklich zu sein. Das Glück, das wir durch eigenes Handeln zum Teil beeinflussen können, ist das Lebensglück.
Familie, Partnerschaft, Beruf, Erfolg, Finanzen, Gesundheit und noch viele Themen mehr bestimmen unser tägliches Leben und wir können hier teilweise steuern, wohin unser Weg geht. Unbestritten ist dabei, dass es nicht unwichtig ist, wie wir ins Leben starten und aufgewachsen sind. Der Koffer, mit dem wir in unser erwachsenes Leben gehen, ist voll. Voll mit unserer Erziehung, der erhaltenen Zuwendung und Liebe, der erworbenen Bildung, unseren Erfahrungen, unseren Glaubenssätzen. Doch spätestens mit dem Eintritt ins Erwachsenenleben kommt der Zeitpunkt, wo wir in der Lage sein müssen, Pläne für unser Leben zu schmieden. Doch ist das Leben, das Glück planbar? Und wenn nicht, was kannst du tun, um ein glückliches Leben zu erreichen?
Das Sprichwort „Jeder ist seines Glückes Schmied“ ist sehr alt und geht zurück bis auf 300 v.
Christus. Es besagt, dass wir bewusst unser Leben so gestalten können, dass es uns glücklich macht, unabhängig von welcher Startposition wir losgehen. Doch ist das wirklich so einfach?
Ganz ohne unser Zutun erwischt uns eventuell manchmal das Zufallsglück. Diese Art von Glück kommt plötzlich und unerwartet. Es kann sowohl ein Glücksfall sein, der sich als reiner Gewinn herausstellt (Hauptgewinn an der Losbude, Lottogewinn,...), eine Sache, wo wir Glück hatten, dass uns nichts passiert ist (knapp einem Unfall entronnen, Schutzhütte im Gebirge erreicht bei Gewitter,...) oder eine Situation, wo wir einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind (der 100. Kunde erhält einen Einkaufsgutschein, ...). Das Zufallsglück ist oft auch die Art von Glück, die uns (je nach Naturell) etwas schwerer fällt, anzunehmen. Schließlich war es „nur Glück“ ohne unser Zutun. Es wird also noch differenziert zwischen dem „verdienten Glück“ und dem „geschenkten Glück“.
Nicht zu vergessen ist auch, dass geteiltes Glück oder Glück, das man anderen bereitet, einen selbst auch sehr glücklich macht. Mit „Glück teilen“ meine ich ganz einfach die Freude und die positive Stimmung, die du nach außen tragen kannst. Gute Laune färbt ab und wenn du selbst strahlst, dann scheint auch für dein Umfeld ein bisschen die Sonne. Auch anderen direkt eine Freude machen, aufmerksam sein, fängt schon bei Kleinigkeiten an. Das hat oft wenig mit Dingen zu tun, die einen großen finanziellen Aufwand bedeuten, es zählt hier die Geste, der Gedanke. Eine Postkarte schreiben, einen Kuchen backen, ein Telefonat, ein überraschender Ausflug, ein Spaziergang. Es gibt so viele Möglichkeiten, anderen Glück und Wertschätzung zu schenken.
Auf der Suche nach dem Glück im täglichem Leben
Mit dem Wissen über diese Definition von Glück erkennen wir vermutlich auch, welche Gefahr in dem beständigen Streben nach dem perfekten Glück liegt. Man kann sich im Vergleich mit dem größeren Glück oder kleineren Unglück der Anderen verlieren. Indem wir unser eigenes Glück bemessen und bewerten, fühlen wir uns vielleicht unglücklich und unzufrieden. Deswegen führt der Weg zum eigenen Glück zuerst zum Loslösen von Vergleich und Bewertung. Jeder Mensch ist anders, jeder Mensch hat sein eigenes Glück. Wenn wir in diesem Bewusstsein beginnen, dann können wir unser Anspruchsdenken vielleicht auf Dinge lenken, die uns zuvor unbedeutend erschienen sind. Vor uns liegt der Teppich der Kleeblätter des kleinen Glücks. Wir müssen uns nur hinunterbeugen, um es zu sehen.
Die Arbeit mit Märchen im artCounseling
Eine spielerische Art, um an Lebensthemen zu arbeiten, ist das Einbinden von Märchen in eine künstlerische Arbeit. Da Märchen meist eine Lehre, Moral enthalten, kann man anhand der Texte und Bilder leicht eine Verbindung zum eigenen Denken herstellen und seinen Standpunkt reflektieren. Indem du dich auf kreative Art mit dem Text auseinandersetzt, fängst du in der Arbeit an, eigene Denkweisen zu hinterfragen.
Zum Thema „Glück“ bietet sich hier ganz klassisch das Märchen der Gebrüder Grimm „Hans im Glück“ an. Dieser Hans, der durch Tausch seinen wertvollen Besitz mehr und mehr verliert, mag uns dumm und naiv erscheinen. Er selbst empfindet jeden Tausch als großes Glück, da ihm in seiner momentanen Lage geholfen wird. Bis zum Schluss verfolgen wir, wie Hans, der sich einst mit einem großen Klumpen Gold zu seiner Mutter aufmachte, mit nichts als sich selbst ankommt, aber glücklich ist. Das Märchen endet mit folgenden Worten:
>>"So glücklich wie ich," rief er aus, "gibt es keinen Menschen unter der Sonne." Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter war.<<
Quelle: Märchen "Hans im Glück", zum Nachlesen hier.
Jeder kann nur für sich selbst beurteilen, welchen Sinn er aus dieser Geschichte zieht. Nachdenklich stimmt das Handeln von Hans aber in jedem Fall, denn er macht sein Glück nicht vom Wert seines Besitzes abhängig.
An der Arbeit mit Märchen in Gruppen gefällt mir besonders gut der leichte Einstieg ins kreative Tun, vor allem auch für Ungeübte und diejenigen, die Scheu haben, den Anfang zu wagen. Durch das Vorlesen hast du schon gewisse Bilder im Kopf und auch schon eine Meinung über das Gehörte. Auch wenn du nie malst oder zeichnest, ist es möglich ein einfaches Resonanzbild mit einem dicken Marker auf eine kleine DIN A5 Karte zu skizzieren.
Dieses bekannte Märchen ist somit der Türöffner zu unserer eigenen Sichtweise zum Thema
Glück. Man kann nun mit verschiedenen Fragestellungen die Überleitung vom Märchen zum Start in das Resonanzbild finden. Diese könnten z.B. sein "Dein glücklichster Moment des Monats", "Was bedeutet Glück für dich?". Nachfolgend fällt der Übergang zu Farben, Papier, Kreide, Buntstiften leichter, wenn man zuvor schon in der Runde sein Resonanzbild vorgestellt hat.
Kreatives Schreiben als Methode im artCounseling
Ein weiteres mögliches Setting zu diesem Thema könnte nun so aussehen, dass wir die Geschichte so umschreiben, wie es uns gefällt. Wir schlüpfen in die Rolle von Hans in dem Moment, als er sich mit dem Klumpen Gold auf den Weg nach Hause macht.
Kreatives Schreiben an einer Geschichte, die schon existiert und auch deren Inhalt bekannt ist, hat den Vorteil, dass die Hemmungen nicht so groß sind, komplett eine eigene Geschichte zu erschaffen. Du bist völlig frei in der Länge der Ausarbeitung, auch in der Moral der Geschichte, dem Ablauf, der Zeit in der die Geschichte spielt, alles ist möglich. Wie wir uns auch entscheiden, für einen völlig anderen Verlauf, eine verrückte Geschichte, ein Festhalten an der Vorlage, weil uns Ideen fehlen. Beim Schreiben kommen wir unserer eigenen Wertung zum Thema „Glück“ sehr nahe.
Ein Start in eine selbst geschriebene Geschichte könnte direkt im Anschluss an die Einleitung des Märchens erfolgen:
>>Hans hatte sieben Jahre bei seinem Herrn gedient, da sprach er zu ihm 'Herr, meine Zeit ist herum, nun wollte ich gerne wieder heim zu meiner Mutter, gebt mir meinen Lohn.' Der Herr antwortete 'du hast mir treu und ehrlich gedient, wie der Dienst war, so soll der Lohn sein,' und gab ihm ein Stück Gold, das so groß als Hansens Kopf war. Hans zog ein Tüchlein aus der Tasche, wickelte den Klumpen hinein, setzte ihn auf die Schulter und machte sich auf den Weg nach Haus.<<......
Quelle: Märchen "Hans im Glück", zum Nachlesen hier.
Wenn man in einer Gruppe arbeitet, steht es jedem natürlich frei, seine eigene Geschichte vorzulesen. Durch das Hören der neu erfundenen Geschichten der anderen Mitglieder kommen wir jedoch selbst ins Reflektieren mit unserer Geschichte und unserer Sicht auf das Glück.
Das Glück der kleinen Dinge
Nach all der Beschäftigung zur eigenen Sichtweise, was Glück für dich selbst bedeutet, gilt es nun, das Glück auch in dein Leben zu holen. Wir können uns leider nicht glücklich zaubern. Was uns jedoch möglich ist, wäre ein bisschen aufmerksamer durch unser Leben zu gehen. Kleine Glücksmomente warten an jeder Ecke und wenn wir diese mehr wertschätzen und würdigen, entsteht in uns ein glücklicherer Fokus. Wie schön ist es, am Morgen aufzuwachen. Wie schön ist es, warmes Wasser zum Duschen haben. Wie schön, wenn du jemanden hast, mit dem du morgens eine Tasse Kaffee trinken kannst (oder wie schön, dass du morgens deine Tasse alleine genießen kannst:-)).
Es muss nicht immer der große Knall sein, damit wir verstehen, dass es uns gut geht. Dieses „immer schneller, weiter, besser, größer Denken“ tut uns letztlich nicht gut, weil wir wahres Glück nur in unserer inneren Zufriedenheit finden. Deswegen: Augen auf für die Schönheit des Lebens. Jedes bewusste Lächeln und jeder bewusste Augenblick der Freude fährt unser persönliches Glücksbarometer nach oben. Das Glück der kleinen Dinge ist die Saat für das Glücksfeld, das wir am Ende unseres Leben ernten können.
>>Willst du glücklich sein im Leben,
trage bei zu andrer Glück,
denn die Freude, die wir geben,
kehrt ins eigne Herz zurück.<<
Marie Calm (1832 - 1887),
Schriftstellerin, Pädagogin und Frauenrechtlerin
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