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AutorenbildSusanne Heinen

Entschleunigung im Advent: Die Kunst, die Seele baumeln zu lassen



Wie schön das klingt: die Seele baumeln lassen. Sich Zeit nehmen, um einfach zu sein, den Moment zu genießen, die Hektik hinter sich zu lassen. Doch wie schwer ist es oft, genau das zu tun? Besonders in der Adventszeit, wenn Geschenke gekauft, Plätzchen gebacken und das Zuhause festlich geschmückt werden wollen und der normale Alltag zudem noch bewältigt werden will. Da scheint es fast undenkbar, sich aus der selbst erschaffenen Hektik auszuklinken.


Doch was bedeutet es eigentlich, „die Seele baumeln zu lassen“? Woher kommt dieser Ausdruck, und warum fällt uns Nichtstun oft so schwer? In diesem Artikel geht es um das, was viele verloren haben: die Leichtigkeit des Müßiggangs. Denn gerade in der Weihnachtszeit ist das bewusst herbeigeführte Nichtstun eine Möglichkeit, wieder Ruhe zu finden und sich ein Stück kindlicher Freude zurückzuholen.



Das ist das Türchen 10 von meinem Blog Adventskalender 2024.


In diesem Beitrag geht es um das „Nichts tun“, wohl das Schwierigste, was man überhaupt tun kann :-), besonders in der Weihnachtszeit.


Dieser Artikel greift Gedanken aus meinem Blogartikel „Die Seele baumeln lassen oder die Leichtigkeit des Nichtstuns“ auf.




Lass doch mal die Seele baumeln …


Die ursprüngliche Bedeutung „die Seele baumeln lassen“ wurde in den vergangenen Jahren durch unzählige Werbeinhalte schon in Richtung abgedroschener Phrase verschoben. Wie schade! Wenn bei jedem Angebot zu einem Wellness-Aufenthalt, einem Entspannungskurs oder Ratgeber in großen Buchstaben die Seele zum Baumeln eingeladen wird, ist es klar, dass das langsam keiner mehr hören mag. Außer mir:-).


Der Ausspruch in leicht anderer Form entstammt vermutlich dem Roman „Schloss Gripsholm“ von Kurt Tucholsky aus dem Jahr 1931.


„Wir lagen auf der Wiese und baumelten mit der Seele.“

Kurt Tucholsky


Es ist natürlich von der Auslegung her ein kleiner Unterschied zwischen „ich baumle mit der Seele“ oder „die Seele baumeln lassen“. Doch das ist Haarspalterei, denn eigentlich geht es hier um die Bilderwelten vor deinem inneren Auge, wenn du daran denkst, was das schönste Nichtstun für dich wäre.



Nichtstun macht kreativ – aber wer traut sich?


Leider gibt es zwei wesentliche Hindernisse beim Nichtstun: Die natürliche Tendenz unseres Gehirns zur ständigen Aktivität und die in uns verankerte, anerzogene Pflichtbewusstheit, die uns dazu antreibt, immer produktiv sein zu müssen. Diese beiden Faktoren machen es schwer, Momente der Ruhe und des Innehaltens zuzulassen, obwohl sie für unsere geistige und körperliche Gesundheit von entscheidender Bedeutung sind.


Unser Gehirn hat Schwierigkeiten mit dem „Nichtstun“, weil es darauf programmiert ist, ständig aktiv zu bleiben. Es scannt ununterbrochen die Umgebung auf Gefahren oder Chancen, eine Fähigkeit, die evolutionär überlebenswichtig war.





Selbst in Ruhe ist das Gehirn beschäftigt: Das sogenannte „Default Mode Network“ (DMN) schaltet sich ein, wenn wir abschalten. Statt äußerer Reize lenkt es die Aufmerksamkeit nach innen – eine Herausforderung in unserer leistungsorientierten Welt. Denn das regt kreative Gedanken und die Selbstreflexion an.



Viele empfinden das als ungewohnt, weil es uns zwingt, uns mit inneren Themen auseinanderzusetzen. Vielleicht auch mit Themen, die uns nicht angenehm sind? Wann ist es uns in unserem heutigen Lebensmodell eigentlich noch möglich, einmal gänzlich zur Ruhe zu kommen? Spontan fällt mir als Antwort nur ein: Wenn wir schlafen.


Unsere ständige Verfügbarkeit auf allen Kanälen macht es immer schwerer, uns abzugrenzen, weniger verfügbar zu sein. Es nimmt Lebensqualität und auch Tiefe im Umgang miteinander. Macht uns die mediale Dauerbeschallung letztlich zu oberflächlicheren Menschen?



Nichtstun und einfach »Sein«


Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, waren die letzten ungetrübten Momente des Nichtstuns wahrscheinlich in unserer Kindheit. Kindliche Unbeschwertheit und das Nichtstun sind eng miteinander verbunden, denn Kinder leben in der Regel mehr im Moment. Sie werden weniger von der Vorstellung getrieben, ständig etwas erreichen zu müssen und erleben die Welt ohne den tickenden Zeiger der Uhr. (Zumindest erhoffe ich mir das genau so für alle Kinder!)


Denn genau diese Fähigkeit, ohne Ziel und ohne Verpflichtungen zu leben, zu spielen oder zu träumen, ist eine Form des „Nichtstuns“, die das Gehirn entspannt und kreative, oft tiefgründige Gedanken fördert. Was wir als Erwachsene einfach oft verlieren, ist:


Die Freude im Augenblick zu sein.



Einladung zum Nichtstun


Ich lade dich zu einem kleinen Ausflug ein, so wie früher als Kind. Ohne Auto, einfach zu Fuß. Ohne Ziel, einfach „herumstromern“ wie früher. Du schlüpfst in deine Jacke und gehst einfach los.


Wo führt er hin, der Weg, wenn man gar kein Ziel hat? Vielleicht in die stillen Ecken deiner Stadt, in einen Park, ein Wäldchen, einen Feldweg?


Du hörst die Vögel, das Rauschen der Zweige und weil dich alles interessiert, findest du sicher einen besonderen Tannenzweig, einen Zapfen, einen Stein und schon trägst du etwas in deiner Hand.





Alles ist ein kleiner Schatz, wenn man die Welt mit Kinderaugen sieht. Wenn du magst, kannst du durch das Laub stapfen oder auf einer Bank sitzen, als spielt Zeit keine Rolle.


Wer weiß, was es alles zu sehen gibt, wenn man neugierig um sich blickt? Ein Blatt, das vor dir auf dem Weg liegt. Einen Vogel, der laut für dich singt. Es gibt so viel zu sehen und dabei nichts zu tun. Sich einfach einlassen auf den Moment, ohne Kopfhörer im Ohr, Handy in der Hand, Termine im Blick. Wäre das schön?


Denke zurück an die Vorweihnachtszeit deiner Kindheit. Was war damals besonders schön? Das Plätzchen backen mit deiner Mutter, die Lichter auf dem Weihnachtsmarkt, der Duft von ausgeblasenen Kerzen, ein Türchen im Schoko-Adventskalender, eine Weihnachtsserie im Fernsehen? Es gibt so viele kleine Augenblicke, die dir damals vermutlich kostbar waren.


Wenn wir uns erinnern, dann finden wir vielleicht genau das, was Kurt Tucholsky meinte … man ist ganz eins mit dem Augenblick und die Seele baumelt dahin.


Ich wünsche dir viel Spaß mit deinem Augenblick und falls du mir berichten willst, was du für tolle Fundstücke mit nach Hause getragen hast, freue ich mich über einen Kommentar von dir.


"Der gegenwärtige Augenblick ist stets voll unendlicher Schätze."

 

Falls dir dieses Türchen gefallen hat, freue ich mich sehr über einen Austausch mit dir in den Kommentaren.


Dies war ein Blogbeitrag im Rahmen des Blog-Adventskalenders 2024.


24 magische Tage voller inspirierender Geschichten, kreativer Ideen und festlicher Stimmung.





87 Ansichten3 Kommentare

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3 Comments


Guest
Dec 12

Leider kann mein Kommentar nicht veröffentlicht werden...

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Das verstehe ich nicht, denn dieser Satz „Leider kann mein Kommentar nicht veröffentlicht werden ...“ wurde doch als Kommentar veröffentlicht😉. Vielleicht möchtest du es nochmals versuchen? Wenn man sich nicht registrieren möchte, kann man jedoch nur als Gast kommentieren. Viele Grüße Susanne

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Silke
Dec 10

Liebe Susanne,

eine wunderbare Einladung zum Nichtstun. Hier verstehe ich Nichtstun, als das Gegenteil von Verpflichtung. Vielen weihnachtlichen Verpflichtungen habe ich schon lange entsagt, die Dekokiste steht zum Beispiel immer noch im Regal.

Ich liebe den Begriff „herumstromern“! Das macht so Sinn!

Danke für deine schönen Ideen.

Herzlichst Silke

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